
Auch wenn heute noch längst nicht alle Ursachen erforscht sind, so vermutet man, dass zur Entstehung von ADHS mehrere Faktoren beitragen.
Dass genetische Ursachen bzw. erbliche Faktoren ADHS begünstigen, davon gingen Wissenschaftler schon eine Zeitlang aus. Allerdings gelang es zunächst nicht, die dafür verantwortlichen Gene zu identifizieren. In einer ganz aktuellen Studie hat eine internationale Forschergruppe das Erbgut von mehr als 20.000 Menschen mit ADHS und 35.000 Personen ohne ADHS verglichen. Dabei konnten sie erstmals genetische Varianten identifizieren, die das Risiko auf ADHS erhöhen.1
Zur erblichen Komponente kommen noch andere Einflussfaktoren wie z. B. Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen oder Umweltfaktoren hinzu.2
Da bei Erwachsenen die ADHS-Symptome oft schon seit vielen Jahren bestehen, haben sie häufig auch andere zusätzliche Probleme entwickelt. Daher wird bei dieser Altersgruppe ein besonders ausgeprägtes Zusammenspiel genetischer Faktoren mit Umweltfaktoren vermutet.
Auch Veränderungen im Neurotransmittersystem, d. h. im Bereich der Botenstoffe, die zwischen den einzelnen Hirnzellen eine Verbindung herstellen, werden ursächlich bei der Entstehung von ADHS angesehen.3
Psychosoziale Faktoren können den Ausprägungsgrad und den Verlauf der Störung beeinflussen.1,4
ADHS im Erwachsenenalter kann verschiedene Lebensbereiche beeinflussen. Vor allem die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche können bei Erwachsenen erhebliche Einschränkungen im Alltag mit sich bringen. Und das sowohl im Berufsleben als auch in der Familie sowie im Freizeitbereich. Verhaltensauffälligkeiten, Impulskontrollstörung, Aggression, Flüchtigkeitsfehler und Stimmungsschwankungen sind ebenfalls keine Seltenheit. All diese Faktoren können sich sehr stark negativ auf die Lebensqualität auswirken.
Die größten Einschränkungen und der stärkste Leidensdruck entstehen bei vielen Erwachsenen aufgrund von Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen.
Bei Erwachsenen mit ADHS spielen auch Einschränkungen im Bereich der so genannten Exekutivfunktionen eine wesentliche Rolle.
Die exekutiven Funktionen sind eine Gruppe geistiger Fähigkeiten, die für die Kontrolle und Selbstregulierung des Verhaltens erforderlich sind. Sie erlauben einem, einen Aktionsplan zu erstellen, diesen einzuhalten, zu kontrollieren, zu korrigieren und auch auszuführen. Die exekutiven Funktionen sind daher im Alltag sehr wichtig und helfen, die alltäglichen Tätigkeiten erfolgreich auszuführen.
Erst wenn alle Ergebnisse vorliegen und andere Ursachen ausgeschlossen wurden, kann die Diagnose einer ADHS gestellt werden.
Mehr erfahren1. Demontis D et al. Discovery of the first genome-wide significant risk loci for attention deficit/hyperactivity disorder. Nat Genet. 2018 Nov 26. (https://www.nature.com/articles/s41588-018-0269-7).
2. Swanson J et al. Cognitive neuroscience of attention deficit hyperactivity disorder and hyperkinetic disorder. Curr Opin Neurobiol 1998;8:236-271.
3. Biederman et al. Impact of adversity on functioning and comorbidity in children with attention-deficit hyperactivity disorder. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry 1995;34(11):1495-50.
4. Schmid G. Ätiologie, in: Kahl KG, Puls JH, Schmid S (Hrsg.). Praxishandbuch ADHS. Georg Thieme Verlag. Stuttgart. New York; 2007:7-10.
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