Literatur-Update ADHS

Misinformation mayhem: the effects of TikTok content on ADHD knowledge, stigma, and treatment-seeking intentions.

Schiros A, Bowman N, Antshel K.
Eur Child Adolesc Psychiatry. 2025 Jun 5.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40471415/

Auf einen Blick

Schiros und Kollegen untersuchten die Fragestellung, welche Auswirkungen die Konfrontation mit korrekten und fehlerhaften ADHS-Informationen auf TikTok auf das Wissen, das Stigma und die Behandlungsabsichten von behandlungsnaiven Studierenden hat. Teilnehmende wurden zufällig relevantem Videoinhalt zugewiesen und anschließend befragt. Interessanterweise stieg die Awareness, selbst bei fehlerhaften Informationen. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Fehlinformationen nicht nur das ADHS-Wissen verzerren, sondern auch das Vertrauen in Wissen und die Bereitschaft zur Behandlung beeinflussen können.

Abstract

Auf TikTok sind Inhalte über ADHS bei Studierenden beliebt, doch Fehlinformationen dazu sind weit verbreitet. Um die Auswirkungen von TikTok-Fehlinformationen über ADHS auf Wissen, Stigma und Behandlungsbereitschaft zu untersuchen, haben Shiros und Kollegen sich auf behandlungsnaive Studierende fokussiert. Zunächst wurde eine Pilotphase durchgeführt, um geeignete TikTok-Inhalte zu entwickeln und deren Durchführbarkeit zu testen. In der Hauptstudie wurden 490 Teilnehmende zufällig in drei Gruppen eingeteilt: eine Gruppe erhielt genaue ADHS-Informationen, eine Gruppe erhielt Fehlinformationen und eine Gruppe diente als Kontrollgruppe. Vor der Betrachtung der Inhalte wurde ihr ADHS-Wissen gemessen. Nach dem Betrachten der Inhalte beurteilten die Teilnehmer ihr Wissen, Vorurteile gegenüber ADHS und ihre Bereitschaft, Behandlung zu suchen. Teilnehmende der Fehlinformationsgruppe hatten nach dem Anschauen der Inhalte weniger genaues Wissen, aber mehr Vertrauen in ihr Wissen. Teilnehmende, die genaue Informationen sahen, hatten mehr Wissen und Vertrauen. Interessanterweise berichtete die Gruppe mit Fehlinformationen von einer höheren Bereitschaft, sowohl evidenzbasierte als auch nicht evidenzbasierte Behandlungen zu suchen. Kein signifikanter Effekt auf das ADHS-Stigma wurde festgestellt. Unterhaltsamkeit der TikTok-Inhalte war entscheidend für Wissen und Behandlungsabsichten. TikTok-Fehlinformationen über ADHS können Wissen verringern, das Vertrauen in Fehlinformationen erhöhen und Behandlungsabsichten steigern. Diese Erkenntnisse sind eine wichtige Gelegenheit, die möglichen Schäden von Fehlinformationen auf TikTok für Einzelne und die allgemeine Öffentlichkeit besser zu verstehen.

Effects of virtual reality technology on attention deficit in children with ADHD: A systematic review and Meta-analysis.

Zheng P, Yuan K, Liu S, Xue Z, Ma P, Teo EW, Chang J.
J Affect Disord. 2025 Sep 1;384:127-134.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40345442/

Auf einen Blick

Diese systematische Übersichtsarbeit, die 11 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit insgesamt 640 Teilnehmenden umfasst, zeigt, dass Virtual-Reality-basierte Interventionen das Potenzial haben, moderate Aufmerksamkeitsdefizite bei Kindern mit ADHS zu lindern. Die Effektstärke dieser digitalen Interventionen ist vergleichbar mit anderen nicht-pharmakologischen Ansätzen. Besonders hervorzuheben ist die Attraktivität der virtuellen Anwendungen für Kinder und die Möglichkeit, Aufmerksamkeit in motivierenden und alltagsnahen Szenarien gezielt zu trainieren. Für die klinische Praxis wird empfohlen, VR-basierte Ansätze als ergänzende Option in individuellen Behandlungskonzepten zu prüfen. Zukünftige Forschung sollte sich auf standardisierte Protokolle, größere Stichproben und längere Nachbeobachtungszeiten konzentrieren, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Interventionen fundiert zu bewerten.

Abstract

Hintergrund: Virtual-Reality-Technologie wird immer häufiger im medizinischen Bereich eingesetzt, auch zur Behandlung von ADHS bei Kindern. Obwohl VR-basierte Interventionen vielversprechend sind, bleibt ihre Wirksamkeit in der Verbesserung der Aufmerksamkeit noch unklar.

Ziel: Diese Übersichtsarbeit fasst Erkenntnisse aus randomisierten kontrollierten Studien zusammen, um die Effektivität VR-basierter Interventionen bei der Behandlung von Aufmerksamkeitsdefiziten bei Kindern mit ADHS zu bewerten und methodologische Erkenntnisse zu gewinnen.

Methoden: Es wurden sechs Datenbanken nach Studien durchsucht, die VR-Interventionen an Kindern im Alter von 6–12 Jahren mit ADHS durchführten. Die methodische Qualität wurde mit dem Cochrane Bias-Risikobewertungstool geprüft. Eine Metaanalyse schätzte die Effektstärke und testete auf Publikationsbias.

Ergebnisse: Es wurden elf Studien mit 640 Teilnehmenden eingeschlossen. Die Metaanalyse ergab, dass VR-basierte Interventionen die Symptome von Aufmerksamkeitsdefiziten moderat reduzieren (SMD = –0,33, 95%KI [–0,58, –0,09], p = 0,008). Ein signifikanter Publikationsbias wurde nicht festgestellt.

Schlussfolgerung: VR-basierte Interventionen haben das Potenzial, Aufmerksamkeitsdefizite bei Kindern mit ADHS zu lindern. Heterogenität der Studien und begrenzte Langzeitdaten erfordern jedoch Vorsicht. Zukünftige Forschung sollte sich auf groß angelegte, standardisierte Studien mit längeren Nachbeobachtungen konzentrieren, um die Ergebnisse zu validieren.

Safety and Efficacy of Repeated Low-Dose LSD for ADHD Treatment in Adults: A Randomized Clinical Trial.

Mueller L, Santos de Jesus J, Schmid Y, Müller F, Becker A, Klaiber A, Straumann I, Luethi D, Haijen ECHM, Hurks PPM, Kuypers KPC, Liechti ME.
JAMA Psychiatry. 2025 Jun 1;82(6):555-562.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40105807/

Auf einen Blick

Diese randomisierte, placebokontrollierte Studie mit 53 Teilnehmern liefert erstmals hochwertige klinische Daten zur Mikrodosierung von LSD bei Erwachsenen mit ADHS. Die Ergebnisse zeigen, dass niedrige LSD-Dosen, die wiederholt im ambulanten Setting verabreicht werden, sowohl körperlich als auch psychisch gut verträglich sind. Allerdings zeigen sie keine Überlegenheit gegenüber einem Placebo bei der Reduktion der ADHS-Symptome. Die derzeit beliebte Praxis der LSD-Mikrodosierung bei ADHS ist wissenschaftlich nicht abgesichert. Die starke Placeboantwort hebt zudem die Bedeutung der Erwartungseffekte bei der Behandlung von ADHS hervor und mahnt zur kritischen Bewertung neuer, trendiger Ansätze.

Abstract

Bedeutung: Die Mikrodosierung von Psychedelika, wie LSD, hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erregt, da sie potenziellen Nutzen bei verschiedenen psychischen Erkrankungen bieten könnte, einschließlich ADHS. Doch die Wirksamkeit von LSD bei der Linderung von ADHS-Symptomen ist noch nicht geklärt.

Ziel: Die Sicherheit und Wirksamkeit von wiederholten niedrigen LSD-Dosen bei der Verringerung von ADHS-Symptomen im Vergleich zum Placebo zu bestimmen.

Design, Setting und Teilnehmer: Diese sechswöchige, multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte, randomisierte klinische Studie der Phase 2A wurde in zwei Zentren durchgeführt: dem Universitätsspital Basel und der Universität Maastricht. Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren mit diagnostizierter ADHS und mittelschweren bis schweren Symptomen (AISRS-Score ≥ 26 und Clinical Global Impression Severity Score ≥ 4) nahmen teil.

Intervention: Über sechs Wochen erhielten die Teilnehmer zweimal wöchentlich entweder 20 μg LSD oder ein Placebo.

Hauptergebnis und Maßnahmen: Das Hauptergebnis war die Veränderung der ADHS-Symptome vom Beginn bis zur sechsten Woche, bewertet durch den AISRS und analysiert mit einem Modell für wiederholte Messungen.

Ergebnisse: 53 Teilnehmer wurden zufällig entweder der LSD-Gruppe (n = 27) oder der Placebo-Gruppe (n = 26) zugeteilt. Das mittlere Alter betrug 37 Jahre, wobei 42 % der Teilnehmer weiblich waren. Beide Gruppen zeigten Verbesserungen ihrer ADHS-Symptome, jedoch ohne bedeutenden Unterschied zwischen den Gruppen. LSD war insgesamt sicher und gut verträglich.

Schlussfolgerungen und Relevanz: In dieser Studie wurde gezeigt, dass die wiederholte Verabreichung von niedrig dosiertem LSD sicher ist, jedoch nicht wirksamer als ein Placebo bei der Verringerung der ADHS-Symptome.

Convergent evidence linking neonatal vitamin D status and risk of neurodevelopmental disorders: a Danish case-cohort study.

Horsdal HT, Albiñana C, Zhu Z, Boelt SG, Borbye-Lorenzen N, Cohen AS, Skogstrand K, Melgaard L, MacSween NJ, Thorbek MJ, Plana-Ripoll O, Petersen LV, Bulik CM, B Rglum AD, Mors O, Nordentoft M, Werge T, Moen GH, D'Urso S, Wray NR, Vilhjálmsson BJ, Agerbo E, Pedersen CBC, Mortensen PB, McGrath JJ.
Lancet Psychiatry. 2025 Jun;12(6):410-420.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40379361/

Auf einen Blick

Diese dänische Studie untersucht den Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-D-Werten bei Neugeborenen und dem Risiko, später ADHS sowie fünf weitere psychische Störungen zu entwickeln. Mithilfe von Mendelscher Randomisierung zeigt die Studie robuste Hinweise darauf, dass niedrige 25(OH)D-Spiegel das Risiko für ADHS signifikant erhöhen. Ein niedriger Vitamin-D-Status wird als modifizierbarer pränataler Risikofaktor betrachtet, was die Entwicklung neuer präventiver Ansätze ermöglicht. Die Optimierung des Vitamin-D-Status während der Schwangerschaft könnte ein entscheidender Bestandteil der ADHS-Prävention werden.

Abstract

Hintergrund: Ein Mangel an Vitamin D bei Neugeborenen wird immer stärker mit einem erhöhten Risiko für ADHS, Schizophrenie und Autismus-Spektrum-Störungen in Verbindung gebracht. Diese Studie untersucht den Einfluss von zwei Vitamin-D-Biomarkern und deren genetischen Faktoren auf das Risiko, sechs verschiedene psychische Störungen zu entwickeln.

Methoden: Forscher analysierten Daten von Menschen, die zwischen 1981 und 2005 in Dänemark geboren wurden. Mithilfe von Gesundheitsregistern wurden Menschen mit schweren psychischen Störungen identifiziert. Aus getrockneten Blutproben von Neugeborenen wurden die Konzentrationen von 25(OH)D und Vitamin-D-bindendem Protein (DBP) gemessen. Primäranalysen basierten auf Risiken und Hazard Ratios für die Ausprägung der Störungen. Sekundäranalysen untersuchten den Einfluss genetischer Faktoren und führten Mendelsche Randomisierungsanalysen durch.

Ergebnisse: Insgesamt umfasste die Studie 88.764 Personen. Eine signifikant negative Beziehung zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und einem erhöhten Risiko für Schizophrenie, Autismus und ADHS wurde festgestellt. Höhere 25(OH)D-Konzentrationen waren mit einem verringerten Risiko für Autismus und Schizophrenie verbunden. Diese Ergebnisse wurden durch Mendelsche Randomisierung als kausal gestützt.

Interpretation: Starke Belege deuten darauf hin, dass ein niedriger Vitamin-D-Status bei Neugeborenen das Risiko für verschiedene psychische Störungen beeinflusst. Diese Studie unterstützt die Hypothese, dass die Verbesserung des Vitamin-D-Status in der frühen Lebensphase das Auftreten neurologischer Entwicklungsstörungen senken könnte.

Joint contribution of polygenic scores for depression and attention-deficit/hyperactivity disorder to youth suicidal ideation and attempt.

Orri M, Morneau-Vaillancourt G, Ouellet-Morin I, Cortese S, Galera C, Voronin I, Vitaro F, Brendgen MR, Dionne G, Paquin S, Forte A, Turecki G, Tremblay RE, Côté SM, Geoffroy MC, Boivin M.
Mol Psychiatry. 2025 Apr 4.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40185901/

Auf einen Blick

Diese Studie, die Kohortendaten von über 1.200 Personen umfasst, untersucht genetische Risikofaktoren für suizidale Gedanken und Handlungen bei jungen Menschen mit ADHS und Depression. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur die genetische Prädisposition für Depression, sondern vor allem die Kombination aus genetischen Risiken für ADHS und Depression das Risiko für Suizidversuche deutlich erhöht. Dafür legt dies nahe, dass bei Jugendlichen mit ADHS, depressive Symptome nicht allein als Prädiktor für Suizidalität betrachtet werden sollten. Komorbide depressive Störungen bei ADHS-Betroffenen sollten besonders sorgfältig erfasst und behandelt werden. Der polygene Score für ADHS allein ist kein unabhängiger Prädiktor für Suizidalität. Erst in Verbindung mit der genetischen Belastung für Depression steigt das Risiko signifikant. Deshalb sind individualisierte Präventionsstrategien, die auch genetische Informationen berücksichtigen, erstrebenswert.

Abstract

Jugendliche mit ADHS und Depression haben ein erhöhtes Risiko für Suizidgedanken und -versuche. Unklar ist, wie stark individuelle genetische Unterschiede dazu beitragen. Diese Studie untersucht den Einfluss der genetischen Veranlagung für ADHS und Depression auf Suizidgedanken und -versuche im jungen Erwachsenenalter. Die Daten stammen aus zwei großen Studien mit zusammen über 1.200 Teilnehmenden. Die Autoren haben polygenen Scores für ADHS und Depression ermittelt und Suizidgedanken sowie -versuche bis zum Alter von 20 Jahren anhand von Fragebögen erfasst. In beiden Gruppen berichteten einige Teilnehmer von Suizidgedanken und -versuchen. Ein höherer polygener Score für Depression war deutlich mit einem höheren Risiko verbunden, während dies für ADHS nicht der Fall war. Allerdings fanden die Autoren eine Interaktion der polygenen Scores von ADHS und Depression in Bezug auf Suizidversuche. Personen mit hohen Scores in beiden Bereichen hatten ein erhöhtes Risiko für Suizidversuche. Dies deutet darauf hin, dass die genetische Prädisposition für ADHS und Depression das Suizidrisiko nicht einfach additiv, sondern verstärkt beeinflusst. Die Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse für Screening und Risikobewertung.

Association of Prenatal Exposure to Triptans, Alone or Combined With Other Migraine Medications, and Neurodevelopmental Outcomes in Offspring.

Camanni M, van Gelder MMHJ, Cantarutti A, Nordeng H, Lupattelli A.
Neurology. 2025 Jun 24;104(12):e213678.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40397854/

Auf einen Blick

Diese umfangreiche norwegische Registerstudie mit über 26.000 Teilnehmerinnen liefert wichtige Erkenntnisse aus der ADHS-Versorgung: Die pränatale Einnahme von Triptanen, ob allein oder in Kombination mit anderen Migränemedikamenten, erhöht nicht wesentlich das Risiko für ADHS oder andere neurologische Entwicklungsstörungen bei Kindern bis ins Jugendalter. Selbst bei längerer oder höherer Anwendung während der Schwangerschaft wurden keine signifikanten Risikoerhöhungen für ADHS beobachtet, nachdem potenzielle Störfaktoren berücksichtigt wurden.

Abstract

Hintergrund und Ziele: Die langfristige Sicherheit von Migränemedikamenten während der Schwangerschaft ist unklar. Diese Studie untersucht die Auswirkungen der pränatalen Einnahme von Triptanen, allein und zusammen mit anderen Migräne-Medikamenten, auf neurologische Entwicklungsstörungen (NDDs) bei Kindern.

Methoden: In dieser landesweiten Registerstudie wurden Schwangerschaften von Frauen mit Migräne in Norwegen erfasst und die daraus hervorgehenden Kinder bis zum Alter von 14 Jahren begleitet. Es wurden verschiedene Modellansätze zur Analyse der Triptanexposition angewendet, einschließlich Einzel- und Mehrgruppenmodelle. Die analysierten kindlichen Ergebnisse umfassten Autismus-Spektrum-Störungen, Verhaltensauffälligkeiten, Lern-beeinträchtigungen, Sprachentwicklungsstörungen und ADHS. Die Autoren verwendeten angepasste und gewichtete logistische Regressionsmodelle sowie standardisierte Risikokurven auf Basis von Propensity Scores.

Ergebnisse: Die Studie umfasste 26.210 Schwangerschaften, wobei einige Frauen im Jahr vor der Schwangerschaft Triptane einnahmen und einige nicht. Kinder von Müttern, die Triptane einnahmen, zeigten ein leicht erhöhtes Risiko für NDDs, das jedoch verschwindet, wenn Triptane frühzeitig abgesetzt wurden. Es wurde ein geringfügig erhöhtes Risiko für autistische Störungen bei späterem Absetzen von Triptanen festgestellt, jedoch blieb die Risikodifferenz gering.

Diskussion: Insgesamt deutet die Studie darauf hin, dass die pränatale Anwendung von Triptanen, allein oder mit anderen Migränemedikamenten, das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen bis zur Jugend nicht erheblich steigert.

Exploring voice as a digital phenotype in adults with ADHD.

von Polier GG, Ahlers E, Volkening J, Langner J, Patil KR, Eickhoff SB, Helmhold F, Krautz AE, Langner D.
Sci Rep. 2025 May 24;15(1):18076

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40413201/

Auf einen Blick

Diese Studie setzt einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung objektiver, digital gestützter Diagnoseverfahren für ADHS und könnte die zukünftige Versorgung sowie das Verständnis der Störung erheblich beeinflussen. Traditionell basiert die ADHS-Diagnostik stark auf subjektiven Einschätzungen und klinischen Interviews. Diese Untersuchung zeigt jedoch, dass prosodische Stimmmerkmale – messbare Eigenschaften der Sprachmelodie und -rhythmik – mit hoher Genauigkeit zwischen ADHS-Patient:innen und Kontrollgruppen unterscheiden können. Besonders hervorzuheben ist, dass diese Klassifikationsgenauigkeit bei jungen Frauen, deren Symptome oft schwierig zu erfassen sind, höher war (AUC = 0,87). Zudem wurde dies unabhängig von psychiatrischen Komorbiditäten erreicht, und die Stimmmerkmale korrelierten mit der Schwere der ADHS-Symptome. Die Studie rückt damit die Stimme als potenziellen digitalen Phänotyp in den Fokus, der in Zukunft einfach und praktisch als ergänzender, objektiver Marker die Diagnostik unterstützen könnte.

Abstract

Derzeitige Diagnoseverfahren für ADHS sind überwiegend subjektiv und anfällig für Verzerrungen. Trotz vielversprechender Forschung zu potenziellen Biomarkern wie EEG, Gehirnbildgebung und Genetik, fehlt deren klinischer Nutzen. Veränderungen im dopaminergen Signal und exekutiven Funktionen, wichtig für die ADHS-Pathologie, sind eng mit der Stimmproduktion verbunden. Frühere Studien weisen auf Veränderungen der Stimme und Sprachproduktion bei ADHS hin, doch es mangelt an groß angelegten Studien für individuelle Vorhersagen. In dieser Studie wurden 387 ADHS-Patient:innen, 204 gesunde Kontrollpersonen und 100 psychiatrische Kontrollpersonen analysiert, mit insgesamt 920 Sprachproben. Mittels Random-Forest-Modellen wurden prosodische Stimmmerkmale klassifiziert und die Genauigkeit berechnet. Die besten Ergebnisse wurden bei jungen Frauen (AUC = 0,87) erzielt, während die Ergebnisse bei älteren Teilnehmern und Männern schlechter waren. Die psychiatrische Komorbidität beeinflusste die Klassifikation nicht. Stimmmerkmale korrelierten mit der Schwere der ADHS-Symptome. Insgesamt erscheinen prosodische Merkmale vielversprechend für die Erforschung sprachbasierter digitaler Phänotypen bei ADHS.

Assessing the association between ADHD and brain maturation in late childhood and emotion regulation in early adolescence.

Ágrez K, Vakli P, Weiss B, Vidnyánszky Z, Bunford N.
Transl Psychiatry. 2025 Jun 2;15(1):185.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40456721/

Auf einen Blick

Diese Studie liefert neue neurowissenschaftliche Erkenntnisse über ADHS, indem sie zeigt, dass eine verzögerte Hirnreifung – gemessen als Unterschied zwischen dem vorhergesagten Hirnalter und dem tatsächlichen Alter (Brain-PAD) – ein stärkerer Prädiktor für Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation ist als die ADHS-Symptome selbst. Die Schwierigkeiten in der Emotionsregulation bei ADHS könnten daher mehr mit zugrunde liegenden neuroentwicklungsbedingten Reifungsverzögerungen zusammenhängen als direkt mit den Kernsymptomen. Diese Ergebnisse ermutigen zu einer objektiveren, neurobiologisch fundierten Versorgung von Menschen mit ADHS und betonen die Wichtigkeit, Therapieansätze stärker am individuellen neurobiologischen Entwicklungsstand auszurichten.

Abstract

Eine verzögerte Hirnreifung wird als möglicher Mechanismus von ADHS vermutet. Unterschiede in der Emotionsregulation beeinflussen die Variabilität der Symptome und Prognosen bei ADHS. Die Hirnreifung trägt zur Entwicklung der Emotionsregulation bei. Ob der Unterschied zwischen dem vorhergesagten Hirnalter (basierend auf bildgebenden Daten) und dem tatsächlichen Alter (Brain-PAD) Unterschiede bei der Emotionsregulation vorhersagt und ob ADHS-Symptome diese Vorhersage beeinflussen, war bisher nicht klar. Mittels Daten aus einer Studie zur Gehirnentwicklung bei Jugendlichen wurden 2.711 Kinder untersucht, um festzustellen, ob Brain-PAD in der Kindheit die selbstberichtete Emotionsregulation in der Adoleszenz vorhersagt und ob ADHS-Probleme, die von den Eltern berichtet wurden, diese Vorhersage ergänzen. Eine größere Brain-PAD sagte eine stärkere Unterdrückung des Gefühlsausdrucks voraus, während ADHS-Symptome dies nicht vorhersagten. Weder Brain-PAD noch ADHS-Symptome sagten eine kognitive Neubewertung voraus. Klinische Beobachtungen zeigen, dass eine verstärkte Brain-PAD mit Psychopathologie in Verbindung gebracht wird und Ausdrucksunterdrückung in der Adoleszenz vorhersagt. Ausdrucksunterdrückung beeinflusst die Entwicklung und Behandlung vieler psychischer Störungen, was die Bedeutung von Brain-PAD für das Verständnis von Entwicklungsrisiken unterstreicht. Diese Ergebnisse bestätigen Brain-PAD als wertvolles Instrument für die Weiterentwicklung der Entwicklungsneurowissenschaften.

The efficacy, mechanisms and implementation of physical activity as an adjunctive treatment in mental disorders: a meta-review of outcomes, neurobiology and key determinants.

Vancampfort D, Firth J, Stubbs B, Schuch F, Rosenbaum S, Hallgren M, Deenik J, Ward PB, Mugisha J, Van Damme T, Werneck AO.
World Psychiatry. 2025 Jun;24(2):227-239.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40371806/

Auf einen Blick

Diese Meta-Review mit über 12.000 Teilnehmenden zeigt, dass körperliche Aktivität eine wirksame ergänzende Therapie bei ADHS ist, besonders für Kinder und Jugendliche. Bewegungsinterventionen führen zu erheblichen Verbesserungen der Aufmerksamkeit und mäßigen Effekten auf Hyperaktivität, Impulsivität sowie exekutive und soziale Fähigkeiten. Die Effektgrößen für Aufmerksamkeit sind so stark, dass sie mit pharmakologischen Ansätzen vergleichbar sind. Die Autoren betonen dabei die Wichtigkeit von verhaltensorientierten Begleitmaßnahmen und leicht zugänglichen Angeboten, um die Bereitschaft zur Teilnahme zu erhöhen.

Abstract

In den letzten zehn Jahren hat die Forschung zu Bewegungsinterventionen bei psychischen Störungen deutlich zugenommen. Es ist nun entscheidend, die besten Belege zusammenzutragen, um Forschern, Ärzten und Betroffenen eine Orientierungshilfe zu bieten. Diese Meta-Review zielt darauf ab, die Wirksamkeit von Bewegungsinterventionen hinsichtlich geistiger, kognitiver und körperlicher Ergebnisse bei Personen mit psychischen Störungen zu bewerten, mögliche zugrunde liegende Mechanismen zu identifizieren und Hindernisse sowie Förderer erfolgreicher Teilnahme zu ermitteln. Die systematische Suche umfasste 13 qualitativ hochwertige Metaanalysen (AMSTAR-Score ≥8), die 256 randomisierte klinische Studien mit insgesamt 12.233 Teilnehmende berücksichtigten.

Es wurden große Effektstärken für körperliche Aktivität als Zusatzbehandlung festgestellt, insbesondere bei der Verbesserung der Aufmerksamkeit bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS, der Senkung depressiver Symptome bei jungen Menschen und der Reduktion des Body-Mass-Index bei Erwachsenen mit Schizophrenie. Mäßige Effektstärken fanden sich bei der Reduktion von Hyperaktivität, Impulsivität und Ängstlichkeit sowie bei der Verbesserung exekutiver und sozialer Funktionen bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS und weiteren Verbesserungen bei Erwachsenen mit Angststörungen, depressiven Störungen und Schizophrenie, sowie bei älteren Menschen mit Demenz.

Zurzeit gibt es keine metaanalytischen Belege für körperliche Aktivität als Hauptbehandlung bei psychischen Störungen. Die Studie untersuchte in fünf Metaanalysen mit 89 Studien mögliche Mechanismen und fand Hinweise auf den Einfluss körperlicher Aktivität. Sechs Implementierungsstrategien und Techniken zur Verhaltensänderung wurden identifiziert. Abschließend wurden Empfehlungen zur Unterstützung der Implementierung in diesem Bereich gegeben.

Air pollution is the risk factor for psychiatric disorders: a two-step Mendelian randomization study.

Zhou J, Lu Z, Xu K, Zhao G, Zhu Y, Yuan R, Sun Y, Zhang Y, Yue W.
J Affect Disord. 2025 May 26;388:119475.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gv/40436208/

Auf einen Blick

Diese Studie zeigt, dass Luftverschmutzung ein potenzieller Risikofaktor für ADHS sein könnte, unterstützt durch statistisch-kausale Daten. Besonders wichtig ist, dass dieser Effekt teilweise durch Veränderungen in der funktionellen Konnektivität des Gehirns vermittelt wird, was auf neurobiologische Mechanismen wie dopaminerge Dysregulation durch neuroinflammatorische Prozesse hinweist. Obwohl die Studie auf kausale Effekte hinweist, bleibt das absolute Risiko in der Bevölkerung unbestimmt. Mehr populationsbasierte Forschung ist erforderlich. Dennoch etabliert die Studie Luftverschmutzung als modifizierbaren Risikofaktor und betont die Notwendigkeit, umweltmedizinische Aspekte in die psychiatrische Forschung und Behandlung einzubeziehen.

Abstract

Hintergrund: Luftverschmutzung stellt eine bedeutende Umweltgefahr dar und ist laut epidemiologischen Studien mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen verbunden. Die genauen kausalen Zusammenhänge sind jedoch noch unklar.

Methoden: Diese Forschung nutzte Mendelsche Randomisierungsanalysen, um die Auswirkungen von Luftschadstoffen wie NO₂ und Feinstaub mit Partikelgröße kleiner 2,5 µM (PM2,5) auf psychiatrische Erkrankungen wie ADHS, Austismus-Spektrum-Störung (ASD), Angststörungen, Schizophrenie und Major Depression zu untersuchen. Auch die vermittelnden Effekte von Hirnphänotypen wurden analysiert.

Ergebnisse: PM2,5 zeigte einen signifikanten Einfluss auf Major Depression, teilweise vermittelt durch das Volumen des linken CA4-Körpers. PM2,5-Absorption war zudem mit einem erhöhten ADHS-Risiko verbunden, maskiert durch spezifische rfMRI-Konnektivität. Auch NO₂ erhöhte das Risiko für ASD und Schizophrenie, während PM2,5 mit erhöhten Angststörungen assoziiert war.

Schlussfolgerung: Die Studie weist genetische Kausalzusammenhänge zwischen Luftverschmutzung und psychiatrischen Erkrankungen auf, vermittelt durch Gehirnbildgebung. Diese Ergebnisse liefern wichtige Einblicke in die mechanistische und klinische Forschung zu luftverschmutzungsbedingten psychiatrischen Erkrankungen.

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Effectiveness of a cognitive-behavioral sleep hygiene intervention for adolescents with ADHD: a randomized controlled trial.
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Eur Child Adolesc Psychiatry. 2025 May 27

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40423708/

A qualitative systematic thematic review of motivations for medical use of prescription stimulants among adults with ADHD.
Johnson B, Seal S, Wu L, Glasgow S, Connor J, Chan G.
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Genetic association of attention-deficit/hyperactivity disorder with thirteen ocular disorders.
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J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 2025 Apr 16:S0890-8567(25)00209-6.

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Systematic Review and Meta-Analysis: Predictors of Adult Psychiatric Outcomes of Childhood Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder.
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J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 2025 Apr 24:S0890-8567(25)00215-1

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Correlation between attention deficit/hyperactivity disorder and chronic pain: a survey of adults in Japan.
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Sci Rep. 2025 Apr 16;15(1):13165

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Sci Rep. 2025 Apr 29;15(1):15084.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40301422/

Association between ADHD symptoms, physical effort discounting, and unhealthy lifestyles in adults.
Bernacer J, Gambra L, Rodriguez-Romero D, Carbonell ME, Magallon S, Arrondo G.
Sci Rep. 2025 May 18;15(1):17255.

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Association between attention-deficit/hyperactivity disorders and intestinal disorders: A systematic review and Meta-analysis.
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Obesity and central accumulation of fat in school-age children with attention-deficit/hyperactivity disorder.
Hanć T, Brodowska-Przybyłka A, Bryl E, Szcześniewska P, Dutkiewicz A, Słopień A, Paszyńska E, Dmitrzak-Węglarz M.
Sci Rep. 2025 Jun 4;15(1):19693.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/40467831/

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